Offener Brief an die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten am 12.11.2020

„Lockdown-Light“ im November schiebt Bordellen Riegel vor
Gleichstellungsbeauftragte begrüßen das und fordern dauerhaftes Sexkaufverbot

Zum Schutz der Bevölkerung und der Prostituierten im Zuge des Teil-Lockdowns im November mussten auch Bordelle schließen, und die Ausübung der Prostitution wurde verboten. Die Arbeitsgemeinschaft (AG) der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Stade begrüßt die Entscheidung, die das Land in seiner Verordnung vorgibt.

Die Prostitutionslobby ächzt und wird mit allen Mitteln zu erreichen versuchen, dieses Verbot aufzuheben. In Anbetracht der weiter andauernden Corona-Krise werden wie in einem Brennglas Schwierigkeiten sichtbar, die eng mit dem ausbeuterischen und repressiven "System Prostitution" in Deutschland verbunden sind. Solange die Pandemie in Europa anhält, darf es nach Meinung der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Stade keinen Sexkauf in Deutschland geben. Denn die bestehenden Hygienevorschriften und die Abstandsregeln können in der Realität der Prostitution nicht ernsthaft umgesetzt und insbesondere nicht kontrolliert werden. Sexkäufer scheuen aus gutem Grund die Öffentlichkeit. Deshalb ist es zum Beispiel äußerst unwahrscheinlich, dass sie sich mit ihrem tatsächlichen Namen registrieren werden.

Hinzu kommt, dass die landauf- landab geltenden Abstandsregeln und das Tragen der Mund- und Nasenschutzmaske in der Prostitution wohl nicht einhaltbar sind. Die Öffnung der Bordelle mit Auflagen, wie Abstand zu halten und Masken zu tragen, muss jedem Beobachter absurd erscheinen. Dadurch können Bordelle zu unkontrollierbaren Ausgangspunkten von Corona-Ausbrüchen werden, die sich durch die Sexkäufer in Deutschland in alle gesellschaftlichen Schichten ausbreitet und prostituierte Frauen zusätzlich gesundheitlich gefährdet. Die 1,2 Mio. täglichen Sexkäufer stecken zudem gegebenenfalls auch ihre Partnerinnen, Familien und Kolleginnen und Kollegen an.

Ein aktuelles Problem: Die bestehenden Corona-Bestimmungen sehen Strafen für Frauen vor, die weiterhin der Prostitution nachgehen. Die Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Stade fordern, den zurzeit in der Prostitution tätigen Frauen die vorgesehene Bestrafung zu erlassen: Viele von ihnen sind Armutsprostituierte, die nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Bestraft werden müssen die Sexkäufer und die Bordellbetreiber, die die Prostitution erst möglich machen. Die Frauen in der Prostitution sind oft fast immer ohne festen Wohnsitz und benötigen das Geld aus der Prostitution zum bloßen Überleben. Die Mehrheit der Frauen aus den süd-osteuropäischen Ländern wurde unter falschem Vorwand nach Deutschland gelockt. Sie haben gehofft, sich in Deutschland eine Existenz aufbauen zu können und sind jedoch in die Fänge von kriminellen Clans von Menschenhändlern und Zuhältern gelangt.

Statt einer Strafe bzw. einer Bußgeldauflage müssen den Prostituierten jetzt schnellstens staatlich finanzierte Notunterkünfte vermittelt werden (nicht in Bordellen!), Frauen, die aussteigen wollen, brauchen intensive und qualifizierte Ausstiegsberatungen sowie unbürokratische und schnelle Hilfe für die eigene Existenzsicherung. Darüber hinaus fordert die AG der Gleichstellungsbeauftragten seit vielen Jahren gemeinsam mit dem Frauennetzwerk im Landkreis Stade ein generelles Sexkaufverbot, so wie es andere europäische Nachbarstaaten erfolgreich seit vielen Jahren vorleben.

Für die AG der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Stade

Anne Behrends

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